Billie Jean King Cup: Mutige ÖTV-Damen können die US-Übermacht nicht stoppen

Original-Text von Manuel Wachta www.oetv.at

In den Jahren 2002 in Charlotte sowie 2004 am Fuße der Bergisel-Schanze in Innsbruck hatte Österreichs Damen-Nationalmannschaft die letzten zwei Duelle mit den USA einst sensationell gewonnen. 19 Jahre später war ein dritter Sensationssieg in Folge diesmal noch viel weniger zu erwarten – und blieb letztlich auch außer Reichweite: Trotz mutiger Auftritte vermochte das Alpstar Austria Billie Jean King Cup Team als krasser Underdog eine gewaltige US-Übermacht in der Qualifikationsrunde zu den Billie Jean King Cup by Gainbridge Finals nicht zu stoppen. Die Auswahl von ÖTV-Billie-Jean-King-Cup-Kapitänin und -Sportkoordinatorin Marion Maruska lag in Delray Beach, wie zu befürchten, bereits nach dem dritten Einzel unaufholbar mit 0:3 zurück. Mit dem 3:2-Sieg gegen Lettland im November im Play-off in Schwechat hatte man sich den Platz in der Qualifikationsrunde bravourös verdient, jetzt darf man im Herbst (10./11. oder 11./12. November) neuerlich beim Play-off um eine Teilnahme an der Finalturnier-Qualifikation spielen. Die Auslosung dazu erfolgt voraussichtlich Anfang Mai.

Die Gastgeberinnen hatten die ÖTV-Ladies augenscheinlich extrem ernst genommen und waren mit Jessica Pegula (WTA 3) und Coco Gauff (WTA 6) erstmalig seit dem Jahr 2005 im Nationenwettbewerb mit zwei Spielerinnen unter den Top sechs der Welt angetreten. Am Freitag hatte Österreichs Nummer eins, Julia Grabher (WTA 78), gegen US-Youngster Gauff im Delray Beach Tennis Center klar mit 1:6, 3:6 den Kürzeren gezogen, Sinja Kraus (WTA 153) gegen Pegula dagegen mit 0:6, 5:7 – jeweils trotz guter Gegenwehr, vor allem im zweiten Satz. Am Samstag war das Bild zunächst ein sehr ähnliches: Grabher hielt im Einserduell mit Pegula speziell im zweiten Durchgang exzellent mit, das erneute 1:6, 3:6 besiegelte jedoch die Niederlage des rot-weiß-roten Nationalteams. Zum Abschluss des Länderkampfes folgte im US-Bundesstaat Florida noch ein Doppel, das für Österreich so wie geplant Kraus und Melanie spielten. Die Wienerin und die Oberösterreicherin verloren mit 1:6, 4:6 gegen die US-Damen – bei denen statt Danielle Rose Collins so wie im Einzel Gauff einlief, an der Seite von Caty McNally.

„Megaenttäuschte“ Grabher übt Selbstkritik

Die ÖTV-Damen hatten unter anderen von den äußerst fachkundigen TV-Kommentatoren des Tennis Channel mehrfaches Lob für ihre couragierten und risikofreudigen Auftritte – nach dem Motto „Wir haben nichts zu verlieren“ – erhalten. Hier bildete auch das zweite Einzelspiel von Grabher keine Ausnahme. Die Vorarlbergerin trat genauso mutig auf wie am Vortag, erwischte diesmal zudem einen ausgesprochen guten Start. Bei 1:1 und 0:30 klopfte sie ans erste Break an, stattdessen konterte Pegula mit sieben Punkten in Serie, Breaks zum 3:1 und 5:1 und entschied den ersten Satz nach nur 22 Minuten Spielzeit für sich. Auch diesmal leistete Grabher im zweiten Durchgang eine klar bessere Gegenwehr, hielt lange stark mit und schnupperte bei 3:4 und 0:30 als Rückschlägerin sogar am 4:4-Ausgleich. Doch wieder konterte ihre Gegnerin mit einer Serie von diesmal acht Punkten, zu der Grabher freilich mit gleich drei Doppelfehlern zu Beginn ihres äußerst verpatzten, letzten Aufschlagspiels so einiges beitrug. Nach insgesamt 55 Minuten war alles vorbei und entschieden und der Traum von der Sensation geplatzt.

„Ich bin natürlich megaenttäuscht, dass ich unserem Team nicht helfen konnte und ich es nicht geschafft habe, dass wir zumindest noch ein Einzel spielen dürfen“, zeigte sich Grabher sehr betrübt und selbstkritisch. „Ich habe heute leider sicher nicht meine beste Leistung auf den Platz gebracht, gegen so eine Topspielerin ist’s dann schwierig. Zumal sie auch eine Spielerin ist, die mir wohl nicht so unbedingt liegt: Sie nimmt die Bälle sehr früh, spielt mit viel Länge, und dann habe ich nicht wirklich Zeit, mein Spiel aufzuziehen, die Punkte über meine Vorhand aufzubauen – das funktioniert gegen sie fast gar nicht. Ich habe trotzdem einige gute Ballwechsel gespielt und eigentlich auch meine Chancen erhalten, diese aber ähnlich wie gestern nicht genützt. Dann hat man gegen eine solche Topspielerin nicht viel mitzureden. Ich glaube trotzdem, dass ich aus den letzten Partien was mitnehmen kann, zweimal gegen Top-Ten-Spielerinnen gespielt zu haben, Von den Ballwechseln her war ich – obwohl ich weder gestern noch heute meine beste Leistung gebracht habe – eigentlich dabei und habe meine Chancen gekriegt.“

Maruska: „Julia hat auch heute nochmal alles probiert“

Auch auf der Betreuerbank musste Maruska die Überlegenheit der US-Amerikanerinnen neidlos zur Kenntnis nehmen, konnte ihren Mädels jedoch keinen Vorwurf machen: „Auch heute hat Julia nochmal alles probiert, Pegula war einfach besser. Sie serviert halt sehr, sehr gut – nicht gar so scharf wie Gauff, aber sehr platziert. Die zweiten Aufschläge hat Julia oftmals gut attackiert und einige Punkte gemacht.“ Der leichte Wind führte jedoch auch zu ein paar Vorhandfehlern Grabhers, „doch größter Unterschied war das Service.“ Eine weitere Sensation wie 2002 und 2004 hatte Maruska freilich auch nicht erwartet – „man kann das mit den anderen Malen auch nicht vergleichen, denn damals waren wir in den Rankings nicht so weit auseinander wie diesmal, wo die US-Damen gleich zwei Top-Ten-Spielerinnen und Heimvorteil hatten.“ Grabher und Kraus „haben sich beide sehr gut verkauft“, befand die Niederösterreicherin. „Sie haben gestern und auch heute gesehen, dass sie mit Top-Ten-Spielerinnen mitspielen können – obwohl sie noch nie zuvor gegen eine gespielt haben. Da merkt man auch, was alles noch fehlt. Beide haben sicher viele Erfahrungen mitgenommen und können auch darauf aufbauen.“

Im Herbst hoffte Maruska nun auf ein gutes Los: „Wir werden auf jeden Fall alles geben, um wieder die Qualifikationsrunde zu erreichen.“ Der ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer ergänzte lächelnd: „Eine schwierigere Aufgabe kann es im Herbst immerhin nicht werden. Wir hoffen da auf eine lösbare Aufgabe.“ Der Niederösterreicher empfand, „dass sich unsere Mädels auf jeden Fall sehr ordentlich verkauft haben. Beide haben gestern etwas gebraucht, um hineinzufinden, haben darauf im zweiten Satz echt gut mitgespielt. Die höhere Klasse hat sich am Ende halt durchgesetzt.“ Am zweiten Tag sei es für Grabher zudem „vom Match-up her sehr schwierig gewesen. Pegula spielt sehr flach, kann von beiden Seiten flach in Julias Rückhand schlagen und war vom Aufschlag her einfach besser. Da sieht man, dass sie nicht umsonst so weit vorne steht. Trotzdem können unsere Damen erhobenen Hauptes vom Platz gehen. Natürlich verliert man nicht gerne, weder als Betreuer noch als Spieler. Aber es war eine super Erfahrung für unsere Spielerinnen, von der sie sicher viel mitnehmen können.“

Billie Jean King Cup 2023 in Delray Beach, Qualifikationsrunde:

USA – Österreich 4:0
Coco Gauff – Julia Grabher 6:1, 6:3
Jessica Pegula – Sinja Kraus 6:0, 7:5
Jessica Pegula – Julia Grabher 6:1, 6:3
Coco Gauff / Caty McNally – Sinja Kraus / Melanie Klaffner 6:1, 6:4